Dienstag, 4. September 2012

Michael Dissieux - Graues Land

Harvey lebt in den Bergen, wo er bis zur Krankheit seiner geliebten Frau Sarah ein bislang glückliches Leben führte. Doch nicht nur der gesundheitliche Zustand seiner Frau bedrückt ihn. Trotz der Abgeschiedenheit spürt er, dass mit der Welt etwas passiert ist und er wird nicht nur dadurch bestärkt, dass kein Fernsehprogramm mehr ausgestrahlt wird, sein Telefon keine Verbindung mehr aufbaut, der Zeitungsjunge kein neues Tagesblatt mehr liefert oder schlussendlich der Strom ausfällt. Nein. Die unnatürliche Stille um ihn herum und das Grau, das scheinbar alle Farben vertilgt, bestärken ihn in seinem Verdacht, ebenso die Wesen, die er des Nachts in der Nähe des Hauses zu wissen glaubt. Etwas stimmt ganz und gar nicht und er ist sich zunächst  nicht sicher, ob er herausfinden will, was es ist. Die Begegnung mit einer dieser mysteriösen Kreaturen in seinem Garten macht ihm jedoch klar, dass ihm keine andere Wahl bleibt, als sich in seinen Wagen zu setzen um auf eigene Faust herauszufinden, in welchen Wahnsinn die Welt geraten ist.
Doch seine alten Freunde, die er aufsucht, sind auch nicht mehr dieselben ....

Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman durch die sozialen Netzwerke und nachdem meine Neugier durch Aussagen wie "ein deutscher Stephen King" geweckt wurde, habe ich mir das Buch als Kindle-Version zugelegt. Mit einem großen  Meister wie King verglichen zu werden ist als Neuling eine Bürde, doch ich kann auf jeden Fall zustimmen, dass Michael Dissieux es ausgezeichnet versteht, Atmosphäre zu schaffen und das über den gesamten Roman hinweg. Ob man verschiedene Autoren überhaupt vergleichen sollte, lasse ich mal außen vor. King ist King und Dissieux ist Dissieux und beide sind verdammt gut in dem, was sie tun!

Aber nicht nur die Atmosphäre ist fesselnd, sondern auch die Charaktere sind gut gezeichnet.
Harvey ist mir  schnell ans Herz gewachsen, mit seinen Gefühlen und Ängsten  - wäre ich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert - konnte ich mich absolut identifizieren.
Hin und wieder wurde dem Autor Langatmigkeit vorgeworfen, was ich nicht unterschreiben kann. Eine derart bedrückende, graue Atmosphäre schafft man nicht, in dem man kurze, actionreiche Szenen anneinander reiht, denn es ist ja gerade das Markante, dass eben nichts passiert und somit das ungute Gefühl in Harvey nährt. 
Der Schreibstil ist auf eine für mich wunderbare Art von Metaphern geprägt, die Michael Dissieux schier nicht auszugehen scheinen. Sie sind passend, treffen die Situation haargenau und er schafft es damit, Bilder mit Worten zu malen. Lediglich die Dialoge sind mir ein wenig zu steif an manchen Stellen. Insbesondere bei der Unterhaltung zwischen Vater und Sohn würde ich mir eine weniger förmliche Dialogführung wünschen. Doch das ist ein ganz kleiner Kritikpunkt, der einsam einer Liste voller Lob gegenübersteht.

Im Übrigen sei noch gesagt, dass es nicht nur vom sprachlichen Inhalt her ein wirklich gutes Buch ist, sondern es ist auch noch mit zur Story passenden und äußerst ausdruckstarken Illustrationen angereichert worden. Das macht das Ganze zu einem Gesamtpaket, das ich wärmstens weiterempfehlen kann, wenn man Fan von Romanen mit Endzeit-Charakter ist.

Teil zwei gibt es mittlerweile auch und ich bin gleich wieder in das graue Land eingetaucht. Doch dazu mehr in einer seperaten Rezension, wenn ich das gute Stück ausgelesen habe.

Broschiert: 270 Seiten
Verlag: Luzifer Verlag
ISBN-10: 3943408035
ISBN-13: 978-3943408034
Preis: 14,95 Euro (broschierte Ausgabe)
             3,99 Euro  (Kindle-Edition)